Orthopädiezentrum Kurfürstendamm

Dr. Thomas Czerlitzki, Dr. Alexander Putzo
Kwame Boaten, Daniel Hennig
Dr. Kerstin Siemßen

Polymyalgia rheumatika

Die Polymyalgia rheumatika (PR) ist eine entzündliche Gefäßerkrankung (Vaskulitis) aus dem rheumatischen Formenkreis, die in 20-50 Prozent der Fälle gleichzeitig mit einer Entzündung der Schläfenarterie (Arteriitis temporalis) auftritt.

Eine häufig übersehene Erkrankung aus dem rheumatischen Formenkreis


Die Polymyalgia rheumatika tritt fast nie vor dem 50. Lebensjahr auf, wobei der Häufigkeitsgipfel jenseits des 60. Lebensjahres liegt. Sie ist nach der rheumatoiden Arthritis (RA) die zweithäufigste rheumatische Erkrankung im höheren Alter - Frauen sind dreimal häufiger betroffen als Männer. Da es keine spezifischen Labortests gibt, wird die Polymyalgia rheumatika häufig übersehen.

An diesen Symptomen kann Ihr Facharzt für Orthopädie die Polymyalgia rheumatika erkennen


Typische Symptome sind in 95 Prozent der Fälle relativ plötzlich auftretende Schmerzen in beiden Schultern, die meist in Ruhe bzw. nachts am stärksten sind. Sehr häufig berichten die Patienten auch über Nackenschmerzen, Schmerzen im Bereich des Beckengürtels und über eine ausgeprägte Morgensteifigkeit, aber auch die Knie und die Hände können betroffen sein.

Meistens besteht zusätzlich ein allgemeines Krankheitsgefühl mit Schwäche, Appetitlosigkeit, Fieber und Gewichtsverlust. Bei zusätzlicher Arteriitis temporalis bestehen starke Schläfenkopfschmerzen. Im Rahmen der Diagnostik zeigt sich in der Blutuntersuchung regelmäßig eine deutliche Erhöhung der Entzündungsparameter, wie z. B. der Blutsenkungsgeschwindigkeit und des C-reaktiven Proteins.

In der Sonographie und der Kernspintomographie erkennt man Entzündungen der betroffenen Gelenke, Sehnenscheiden und Schleimbeutel. Sollten bei älteren Menschen oben genannte Symptome sowie die typischen Sonographie- bzw. Kernspintomographiebefunde zusammen mit einer deutlichen Erhöhung der Entzündungswerte im Blut einhergehen, so ist die Diagnose Polymyalgia rheumatika sehr wahrscheinlich und es sollte zügig mit einer Therapie begonnen werden.

Therapie und Medikamenteneinsatz: So wird die Polymyalgia rheumatika behandelt


Die Therapie besteht aus der Einnahme von Kortisontabletten über einen längeren Zeitraum (bis zu einem Jahr) mit absteigender Dosierung nach einem individuellen Schema. Unter dieser Therapie sollten die Beschwerden innerhalb weniger Tage verschwunden sein.

Nur wenn die Kortisontherapie keinen ausreichenden Erfolg bringt oder mit zu vielen Nebenwirkungen belastet ist (z. B. bei Diabetes, Osteoporose, Glaukom etc.), kann zusätzlich das Rheumamittel Methotrexat eingesetzt werden. Laut Leitlinien sollte die Initialdosis 15-25 mg Prednisolon (Kortison) pro Tag betragen, wobei die Tabletten morgens eingenommen werden sollten. Anschließend sollte eine kontinuierliche Dosisreduzierung auf 10 mg pro Tag in den nächsten 4-8 Wochen abhängig vom Symptomverlauf und dem Verlauf der Laborwerte erfolgen.

Sobald die 10 mg Grenze nach 4-8 Wochen erreicht worden ist, erfolgt eine weitere Dosisreduzierung um 1 mg alle vier Wochen bis zum Absetzen des Medikamentes. Sollte es während der Dosisreduzierung zu einem Rezidiv kommen, also die Beschwerden wieder zunehmen und die Blutwerte wieder ansteigen, sollte die Dosis auf das Niveau vor dem Rezidiv angehoben werden und nach 4-8 Wochen auf die Dosis, bei der das Rezidiv auftrat, reduziert werden.

Behandlungsdauer: so lange wie nötig, so kurz wie möglich

 

Die Behandlungsdauer richtet sich individuell nach Symptom- und Laborverlauf, beträgt aber immer viele Monate. ("So lange wie nötig, so kurz wie möglich"). Parallel ist eine schmerzadaptierte Physiotherapie sinnvoll. Die Prognose ist bei adäquater Therapie gut und die Erkrankung heilt in 70 Prozent der Fälle vollständig aus, wobei allerdings in 30 Prozent mit Rezidiven, die eine erneute medikamentöse Therapie erfordern, gerechnet werden muss.

Fazit: Zusammengefasst lässt sich sagen, dass es sehr wichtig ist, bei älteren Patienten, die über oben genannte Symptome klagen, immer auch an eine Polymyalgia rheumatika zu denken, die entsprechende Diagnostik einzuleiten und bei Bestätigung des Verdachts eine baldige Therapie durchzuführen.